Unsere Freunde von spreeproduktion feiern das gedruckte Werk. Wir mit ihnen!
Heutzutage ist eine Wischbewegung eines der ersten Dinge, die ein Kind lernt. Als wäre die Welt ein Tablet. Die Digitalisierung ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass wir beginnen, den Sinn für die Realität zu verlieren. Und zwar wortwörtlich: Wenn wir die Welt zunehmend als digitalen Content über das Handydisplay erleben, bleibt auch zunehmend die sinnliche Erfahrungsebene von Wirklichkeit auf der Strecke. Wie sich etwas anfühlt, welche Textur es hat, wie es riecht und wie es hergestellt wird – diese Attribute lassen sich nicht digitalisieren. Anders als der digitale lässt sich die analoge „Content“ nicht mit einem Swipe ändern oder wegwischen. Ist er deshalb weniger attraktiv? Vielleicht. Aber in seiner sicht- und fühlbaren Sperrigkeit schafft er so etwas wie Einzigartigkeit, Bedeutung. Wie jene Kapitänin, die ihr Schiff allen Verboten und Regeln zum Trotz im Hafen anlegen lässt.
Dass im World Wide Web der Begriff „Content“ ein so grundlegender werden konnte, liegt nicht zuletzt daran, dass er so austauschbar ist. Er hat und verleiht keine spezifische Be-deutung: Content, das kann ein Video über den Effekt des Klimawandels auf Fidschi sein wie ein Podcast über das britische Königshaus oder ein SEO optimiertes Listicle mit dem Titel: 17 Unintentionally Scary Images That Will Make You Say, „OMG“ Then „Oh, I See“ . Die Kunst besteht darin, ihm jenseits seiner inhärenten Beliebigkeit Einzigartigkeit, Bedeutsamkeit und Relevanz zu verschaffen.
Content zum Anfassen
Und genau so verstehen, gestalten, produzieren wir Content, den man ansehen, anfassen, begreifen, den man sinnlich erfahren kann. Content, den man nicht mit einem Swipe ungeschehen machen kann, mit dem man sich auseinandersetzen muss und möchte. Wir gestalten für unsere Kunden Analog Couture: individuelle, greifbare Objekte, die die Botschaft einer Marke transportieren und erlebbar machen. Im Digitalzeitalter ein Anachronismus? Old-school? Retro? Im Gegenteil. Wir brauchen das Analoge mehr denn je. Tag für Tag nutzen 500 Millionen Menschen die Instagram Stories – ein Stück Welt in den Händen zu halten, das nicht nach 24 Stunden verschwindet, ist ein gutes Gefühl. Ein Stück Wertschätzung, Eindeu-tigkeit, Echtheit.

Gitter, Wäscheleine, Graffiti
Der Menschenrechtsaktivist Peter Steudtner saß 2017 zu Unrecht in türkischer Gefangenschaft. Er lief damals einen Halbmarathon. 21 Kilometer im Gefängnishof. 4,80 mal 7,20 Meter groß, immer im Kreis. Wir hatten 2018 die Chance, für Amnesty International ein Projekt zu realisieren, das auf die kritische Situation von Menschenrechtsverteidigern weltweit aufmerksam machen sollte. Dafür bauten wir auf dem Potsdamer Platz diesen Gefängnishof nach. Mit Gittern, Wäscheleinen, Graffitis und Stacheldraht. Alles, was Peter Steudtner in Gefangenschaft zu Gesicht bekommen hatte. In dieser authentischen, realen Kulisse lief Peter Steudtner, parallel zum Berlin Marathon, wieder seine Kreise. Seine Erfahrung wurde erfahrbar. Du konntest hingehen, dir das ansehen, mitlaufen und dadurch nachvollziehen – und plötzlich wird aus dem Erlebnis eines anderen mein Erlebnis. Denn die Realität hat einen besonderen Vorteil: Sie ist unmittelbar. Nicht die Worte von jemand anderem, keine Kameraführung, sondern deine Emotionen, deine Gedanken und was du in diesem Augenblick spürst. So produzierten reale Erlebnisse digitalen Content:
Unter #RunForRightsdefenders teilten die Leute, was sie erlebt hatten.

Analog erleben, digital teilen
Nicht zuletzt die Popularität von Yayoi Kusama, begehbaren Kunstwerken, gepunkteten, verspiegelten Räumen, Kürbissen in allen Größen, beweist, wie groß die Sehnsucht ist, etwas wirklich zu erleben. Teil davon zu sein. Was wir wiederum mit anderen über digitale Medien teilen. Der Effekt, den eine Berührung haben kann, ist tiefgreifend. Diese berührenden Momente wollen wir schaffen. So lautet unser Claim nicht zufällig Analog Couture. Wir erzählen und schaffen Erlebnisse mit maßgeschneiderten Objekten, Dingen, die eine Marke und ihre Werte spürbar machen können. Kusama führt vor, wie sehr sich physische Objekte für unsere digitale Realität eignen. Als Content, der uns betrifft, den wir erfahren und der sich teilen lässt. Sie versprechen: „Das hier ist real, hier gehörst du hin.“ So entstehen Wegweiser und Anker, die uns mit dem verbinden, was wir erleben.

Feuerfeste Bullen
Wer wie wir die Wirklichkeit mitgestaltet, muss ihre Tücken ebenso wie ihre Möglichkeiten kennen. In der Entwicklungsphase macht sich niemand Gedanken über Statik, Brandschutz oder Windverhältnisse. Aber wir. Wir wissen: Bullen müssen feuerfest sein, Strohhalme einziehbar und Aufsteller robust. Es ist unsere Aufgabe, diese Tatsachen im Herstellungsprozess mit der Vision zu kombinieren. Doch oft ist die Wirklichkeit auch bunter als gedacht. Dann ist es an uns, ihre Potenziale zu offenbaren und ihre Möglichkeiten zu nutzen. Das ist wie die Suche nach einem Vokabular, in dem sich Wünsche und Ziele präzise be- schreiben lassen. Und mit diesem neuen Ausdrucksvermögen offenbart sich mehr und mehr auch der Kern des Produkts und dadurch der beste Weg, wie es sich durch ein reales Objekt bewerben lässt. Durch etwas, das wir herstellen können und das den Markenkern nicht nur einfängt und präsentiert, sondern nachvollziehbar, spürbar macht.
Realität ist nicht binär
Wir fungieren zudem als Vermittler und Dolmetscher, zum Beispiel, wenn ein tradierter Familienbetrieb plötzlich auf ein weltweit agierendes Technologieunternehmen trifft. Das muss koordiniert werden – und wir sind längst Spezialisten darin, die verschiedenen Bedürfnisse und Ar-beitsabläufe auf- und miteinander abzustimmen. Und, ganz wichtig, Experten für was alles schief gehen könnte. Darum verzichten wir, selbst wenn es kaum (noch) möglich scheint, so gut wie nie auf ein Muster.
Kurzum:
Du musst es herstellen, um es zu verstehen. Denn Realität ist nie binär. Und, wenn wir dürfen, wie wir können, auch unverwechselbar und einzigartig. Schön.