Fight the Dead, Fear the Living … And most importantly, challenge your own perception of reality
Die US-Regierung bereitet sich auf die Zombie-Apokalypse vor. Die NRA will Waffengesetze lockern und begründet das mit Angst vor Zombies. 9/11 als „Inspiration“ für die Vorbereitung auf den WORST WORST CASE. Zombies haben in den USA eine lange Tradition – nicht nur auf der Kino-Leinwand. Was dabei rauskommt, wenn der Zombie-Hype überhand nimmt und man nicht mehr hinterfragt was einem unter diesem Deckmantel so vorgesetzt wird, damit hat sich unser Neu-Elefant Julien in seiner Masterarbeit beschäftigt. Einen kurzen ersten Eindruck lest ihr hier.
Zombies als Masterarbeitsthema – das geht?!
Natürlich geht das. Aber schauen wir mal etwas genauer hin:
Ich habe mir in meiner Masterarbeit mit dem Thema A Global State of Emergency – Crisis and Chance in the USA’s global Zombie Outbreak Defense Policy die Frage gestellt, wie in der tatsächlichen Politik der USA ein globaler Ausnahmezustand artikuliert wird. Das Thema scheint auf den ersten Blick amüsant, abgedreht und irgendwie schräg – ist es ja auch. Was allerdings dahinter steckt ist mehr als nur ein Zombie-Gag.
Ein globaler Ausnahmezustand scheint jetzt nicht so weit hergeholt wie der Ausbruch einer Zombie-Apokalypse…oder? Zu dem einen Thema lassen sich öffentlich zugängliche Dokumente in den USA finden, zu dem anderen nicht – ratet mal zu welchem. Richtig! Natürlich rede ich von Zombies.
Wie der eine oder die andere bereits weiss, hat das United States Department of Defense and Strategic Command 2011 den CONPLAN 8888 oder auch „Counter-Zombie-Dominance“-Plan als Trainings-Szenario für Militär-Student*innen veröffentlicht. Dieser Plan soll zur Vorbereitung auf eine globale Zombie-Seuche dienen und beschreibt detailliert, welche Strategien zur Abwehr bestimmter Typen von Zombies innerhalb der USA angewendet werden müssten, um diese Gefahr abzuwehren.
Die Idee für dieses Strategiepapier hat seinen Ursprung in den Nachwirkungen der Terroranschläge vom 11. September 2001, als die USA sich mit einer Situation konfrontiert sahen, auf die sie nicht vorbereitet waren, auf die niemand vorbereitet war… Als Folge dessen, befassten sich fortan diverse Strategie-Abteilungen des Pentagons, Universitäten und Unternehmen mit Krisen-Management und Worst-Case-Szenarien, um sich auf den Worst Worst Case vorzubereiten – quasi auf das, was man sich gar nicht vorstellen kann. Um aber einen Platzhalter zu haben für dieses unbekannte Unbekannte auf das es sich vorzubereiten gilt, bediente man sich bei den Grundängsten der Bevölkerung. Wie seit den 1950er Jahren ersichtlich ist, werden die größten Ängste der Menschen vor allem in Science-Fiction-Filmen und -Literatur kompensiert, speziell durch Zombies:
Quelle Theories of International Politics and ZombiesWie der amerikanische Professor für Internationale Politik, Daniel W. Drezner in seinem Buch Theories of International Politics and Zombies anmerkt, erscheinen überdurchschnittlich viele Zombie-Filme zu Zeiten internationaler politischer Spannungen und Katastrophen. Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass die aktuelle politische Lage Einfluss darauf nimmt, wie und warum Zombies in den jeweiligen Filmen entstehen. Beispielsweise wurden die Toten zur Zeit des Kalten Krieges überwiegend wegen atomarer Strahlung wieder lebendig, die AIDS-Epidemie hatte zur Folge, dass Viren die Menschen in Filmen zu Zombies machten und durch 9/11 wurde vor allem Bio-Terrorismus oder die Entwicklung von Giften in Geheimlaboren zum Thema. Wie in der Statistik ersichtlich ist, erfahren Zombies seit Beginn der 2000er einen gewaltigen Hype in Serien (The Walking Dead, iZombie, In The Flesh etc.) und Film (Resident Evil Franchise, Dawn of the Dead, 28 Days Later etc.). Diesem Erfolgsrezept haben sich neben dem Verteidigungsministerium der USA ebenfalls die Seuchenschutzbehörde (2011) die Generalversammlung des Staat es Illinois (2018) bedient, um Präventionsmaßnahmen vor Umweltkatastrophen etwas hipper zu machen. Was allerdings zusätzlich durch diese Methode transportiert wird, wird oft außer Acht gelassen.
In dem theoretischen Ansatz meiner Masterarbeit habe ich mich dann damit beschäftigt, wie politische Akteure versuchen, Normen und Werte durch Artikulation gewisser „Krisen-Situationen“ zu verändert. Hierzu habe ich mich mit folgenden Fragen befasst: Über was für eine ‚Realität‘ sprechen wir, wenn wir von Krisen reden? Konstruieren Krisen objektive Phänomene? Sind sie ‚sozial konstruiert‘? Wenn Krisen tatsächlich konstruiert sind, wer konstruiert sie? Wann wissen wir, dass wir uns in einer Krise befinden? Können wir Krisen in all ihren Dimensionen fassen?
Nachdem ich mich hierzu ausgiebig mit der Theorie zu Krise und Wandel aus Prof. Dr. Dirk Nabers Buch A Postrstructuralist Discourse Theory of Global Politics auseinandergesetzt habe, konnte ich in dem Dokument CONPLAN 8888 des United States Department of Defense and Strategic Command eine klare Strategie identifizieren. Durch Nabers Theorie lässt sich erklären, dass „Krisen“ an sich nicht das sind wofür wir sie halten. Eine Krise wird überwiegend als spontanes und überraschendes Ereignis artikuliert, womit niemand gerechnet hat, das aus dem Nichts auftaucht und auf das nun reagiert werden muss. Entscheidend ist hierbei aber die Perspektive auf das als „Krise“ bezeichnete Phänomen. Was für die eine politische Gruppe beispielsweise eine Krise bedeutet, ist für eine andere das Streiten für Selbstbestimmung oder Freiheit. Dazu kommt, dass für die einen eine Krise als „plötzlich da“ aufgefasst wird, für die anderen ist es ein Prozess der nun in einem Extremen mündet, welches sich aber schon lange angekündigt hat. Bestes Beispiel ist hier wahrscheinlich die „Klimakrise“.
Was nun mit dem „Counter-Zombie-Dominance“-Plan bezweckt werden soll wird in zweierlei Hinsicht deutlich. Einerseits wird in dem Dokument vorgeschlagen, dass sich neben den Studentinnen prinzipiell jeder Amerikaner*in mit diesem Plan auseinandersetzen sollte, um für den „Krisenfall“ vorbereitet zu sein. In dem Dokument wird hervorgehoben wie gefährlich die Zombies sind – in welcher Form auch immer sie auftreten mögen – und welche Maßnahmen getroffen werden müssten, wenn eine solche Gefahr die USA überfällt. Durch die Weise der Artikulation in diesem Dokument wird deutlich, dass die Angst vor dem Zombies geschürt werden soll, um gewisse drastische und radikale politische Handlungen zu legitimieren – über demokratische Regulierungen und Gesetze hinweg. Außerdem wird der Begriff Zombie in dieser Strategie als so genannter „Empty Signifier“ gebraucht – als Platzhalter, der mit einer gewissen Bedeutung aufgeladen werden kann. Der Zombie in dieser Strategie ließe sich durch eine x-beliebige politische Randgruppe ersetzen: ob es sich nun um Terroristen handelt oder um aufständische Zivilisten, dieser Plan lässt sich zur Niederschlagung einer jeden Gefahr anwenden.
Die zweite Intention die hinter diesem Dokument steckt ist die, den Gedanken einer kollektiven, amerikanischen Identität zu festigen und andere auszuschließen. Es soll ein Zusammenhalt konstruiert werden, der sich durch Abgrenzung zu einem von Außen einwirkenden Feindbild entwickelt. Dieser Feind gefährde nun die eigene Identität und auch die Sicherheit des gesamten Landes und diese gelte es mit allen Mitteln zu verteidigen.
Neben diesen fragwürdigen moralischen Schwachstellen birgt dieser Plan allerdings auch „sachliche“ Probleme. Die Strategie wird mit dem Szenario eingeleitet, dass eine Zombie-Seuche die Welt bedroht. An sich ja erstmal logisch. Aber da der Plan nur darauf abzielt, wie sich die USA in einer solchen Situation national zu verhalten habe, ist nicht gewährleistet, dass der Rest der Welt